Ein 16,5 Meter langer Sattelzug mit bis zu 40 Tonnen Gesamtgewicht und eine etwa 1,65 große Frau am Steuer – dieses Berufsbild ist für die meisten noch eher ungewöhnlich. Für Laura Hülsemann (47 Jahre), Jessica Lindenberg (36 Jahre), Steffi Bergner (33 Jahre) und Andrea Siebert (56 Jahre) ist das aber seit Jahren ihr ganz normaler Arbeitsplatz – sie fahren als Mitarbeiterinnen der Firma Meyer logistics GmbH täglich Sattel- oder Gliederzüge auf Kurzstrecken oder durch ganz Deutschland und bis in die Nachbarstaaten. Ihre Fracht: überwiegend Tierfutter, Getränke und Elektroartikel.

Andrea Siebert ist fast 30 Jahre im Beruf, seit zehn Jahren arbeitet sie für das Unternehmen. „Wer Reisen und Camping liebt, für den ist das der ideale Job. Aber als ich anfing, waren Frauen in dem Beruf selten“, sagt sie. Ihre Begeisterung für den automobilen Arbeitsplatz wurde schon in der Kindheit geweckt: „Mein Vater war Bierkutscher in der DDR, da bin ich mitgefahren und fand es toll“, sagt sie. Als ihr Mann dann vorschlug, gemeinsam den LKW-Führerschein zu machen, war sie dabei. In der Vergangenheit sind sie gemeinsam europaweit gefahren und haben dabei viel Freundlichkeit erlebt: „Die Bauern in Frankreich und Spanien waren so nett: Sie haben uns zum Frühstück eingeladen und uns jede Menge Obst geschenkt“, erinnert sie sich. Die Relais Routiers – eine Institution in Frankreich – seien damals deutlich besser gewesen als die deutschen Autohöfe. „Ich hatte eine Satelliten-Schüssel am Auto und wir haben alle zusammen gegrillt und Fußball geguckt“. Bei Meyer logistics fährt sie derzeit in der Nachtschicht ab 23 Uhr. „Das kann ich mit der Betreuung meiner schwerkranken Schwiegermutter vereinbaren: Wenn ich morgens nach Hause komme, können die anderen aus meiner Familie zur Arbeit oder in die Schule gehen und es war trotzdem immer jemand da“, erklärt sie den Wechsel.

Laura Hülsemann hat vor rund elf Jahren die Ausbildung gemacht und fährt seit knapp einem Jahr für das Unternehmen, derzeit in Teilzeit, weil sie ihr Kind betreut. Ihre Ziele liegen in Deutschland, Belgien oder Holland. „Ich bin gerne lange unterwegs und arbeite selbstständig“, schildert sie ihr Motiv. Ungewöhnliche Fracht ist für sie kein Thema, besonders gut erinnert sie sich an eine Fahrt, bei der sie große Bäume bis an die niederländische Küste gebracht hat. Ihr Arbeitsplatz hat unter anderen diesen Pluspunkt, meint sie: „Man sitzt höher und sieht viel mehr rundum.“

Kollegin Jessica Lindenberg ist zuerst „nur“ mitgefahren, dann hat ein Freund sie animiert, die Führerscheine C und CE zu machen und nun fährt sie seit rund sechs Jahren im Nahverkehr. Nicht nur das Fahren an sich gibt ihr ein gutes Gefühl, „durch den Beruf findet man richtige Freunde, die zu einem halten. Ich kann ja immer nur grob abschätzen, wann ich zu einem Treffen komme“. Die vierte im Frauenteam, Steffi Bergner, fährt seit rund zwei Jahren im Fernverkehr – überwiegend bringt sie Ware zu Zentrallagern. Dazu gehört es auch, dass sie auf den Rasthöfen entlang der Autobahn übernachtet, „das ist kein Problem. Ich schließe die Tür ab und dann ist das mein kleines Reich“. Ihre Erfahrungen sind positiv, „der Umgang mit den Kollegen ist freundlich. Natürlich kommt es vor, dass drei oder vier Leute an der Rampe die ‚Frau am Steuer‘ beobachten, aber daran habe ich mich gewöhnt.“ Das hat auch Kollegin Jessica Lindenberg erlebt und sie macht sich manchmal aus den Vorurteilen einen Spaß: „Wenn ich gefragt werde: Kannst du an die Rampe ranfahren? antworte ich: Ich probiere das mal aus – Wenn man dann souverän in einem Zug gerade an der Rampe steht, dann gucken die…“ lächelt sie. Einig sind sich die vier, dass die Erfahrung und das Gefühl für das Fahrzeug wichtige Faktoren im Beruf sind.

Der Beruf ist aber nicht nur fernfahrer-romantisch, denn die Straßen sind heute viel befahren und Staus gehen eben jedem auf die Nerven: „Wichtig ist, dass man ruhig bleibt. Ich würde mir wünschen, dass die Leute lernen: Wir brauchen Platz zum Abbiegen“, meint Jessica Lindenberg. „Wir wollen keinen ärgern, wenn wir langsam durch enge Ortsdurchfahrten manövrieren. Auch Laura Hülsemann wünscht sich mehr Verständnis, „auf die Minute kommt es nicht an, wenn man dadurch einen Unfall vermeiden kann.“

 

Ein anderer wunder Punkt: „Früher wurden wir respektiert. Heute fehlt oft die Wertschätzung für unseren Beruf, es wäre schön, wenn das besser würde“, schildert Andrea Siebert.

Dieses Anliegen unterstützt Ira Meyer von der Geschäftsführung des Unternehmens: „Unsere Fahrer/-innen haben einen sehr herausfordernden Arbeitsalltag und machen einen großartigen Job. Im vergangenen Corona-Jahr wurden auch sie als system-relevant beklatscht – diese Anerkennung wünsche ich mir dauerhaft für die Mitarbeiter/-innen“, sagt sie.

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